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Eine allgemeingültig «beste» Schrift für die Lesbarkeit gibt es eigentlich nicht. Obwohl in Fachkreisen intensiv über «bessere» oder «schlechtere" Lesbarkeit diskutiert wird, entbehrt dies in der Realität oft wissenschaftlicher Grundlage. Es gibt auch keine Bestrebungen, dies fundiert zu untersuchen. Fakt ist, dass die Unterschiede in der Lesbarkeit zwischen den gängigsten Schriften – und hier meinen wir vor allem die serifenlosen – minimal sind.
Vielmehr sollte bei der Auswahl die Frage im Vordergrund stehen: «Welche Schrift passt am besten zum Brand, zum Projekt etc.?»
Es geht darum, Schriften zu finden, die den Charakter und die Persönlichkeit einer Marke optimal widerspiegeln. Wer sich allein auf Kriterien wie Lesbarkeit versteift, verpasst die Chance, einer Marke ein prägnantes Profil zu verleihen. Dies ist aus unserer Sicht die wesentliche Kernaufgabe jedes Designs.
Nehmen wir die Schriftfamilie «Geometrico» als Beispiel. Mit ihren geometrischen Formen und zahlreichen Kreiselementen wirkt sie technologisch und vermittelt einen technischen Stil, der hervorragend zu den Bereichen Technologie und Architektur passt. «Segno Brush» hingegen bietet die Möglichkeit, Verspieltheit und Leichtigkeit in den Text zu bringen.
Wir sind der Ansicht, dass man sich von der Idee einer universell einsetzbaren Schrift verabschieden sollte. Dadurch werden viele spannende Möglichkeiten verpasst.
Eine Kombination aus einer Headlineschrift und einer weiteren für den Mengentext bietet beispielsweise deutlich mehr Flexibilität. Dabei sollte auf einen ausreichenden Kontrast geachtet werden. Solange die Kombination gut unterscheidbar ist, ist alles erlaubt: Grotesk-Serifenschrift, Handschrift-Grotesk, Pinselschrift-Serifenlos usw.
Probiere es aus! Höre nicht auf die verstaubte, zukunftsfeindliche Haltung jener sogenannten «Koryphäen», für die alles, was nach 1970 erschienen ist, sowieso schlecht ist. Vertraue deine Intuition und habe den Mut, Neues auszuprobieren.
Es gibt die Schriftklassifikation nach DIN, die alle Schriften in 11 Kategorien unterteilt. Diese ist jedoch veraltet. Praktisch alle heute gebräuchlichen Schriftarten fallen in die Kategorie «6. Serifenlose Linear-Antiqua».
Schade eigentlich, denn es gibt viele spannende Schriften, die absolut zeitgemäß wirken, auch unter «5. Serifenbetonte Linear-Antiqua». Die «Geometrico Slab» beispielsweise, mit ihrer Kombination aus kräftigen Serifen und perfekten Kreisen, wirkt sehr neutral, ist sehr gut lesbar und eignet sich hervorragend auch für längere Texte.
Die Philosophie von FSdesign besteht vielmehr darin, die starren Kategorien der Schriftklassifikation aufzubrechen und zwischen ihnen zu arbeiten, wie beispielsweise mit der Schriftsippe «Sintesi», die in verschiedenen Varianten zwischen serifenlos und Serifenschrift existiert.
Im Internet gibt es unzählige Angebote, von qualitativ hochwertig bis minderwertig.
Wir raten davon ab, kostenlose Schriften zu verwenden, da hier die Gefahr besteht, dass sie auch vom Dönerladen um die Ecke genutzt werden und somit dem Image einer Marke schaden. Setze lieber auf kommerzielle Angebote, die eine höhere Qualität versprechen. Probiere z.B. das Sortiment von FSdesign aus. Mit dem kostenlosen Schriftpaket haben Sie die Möglichkeit zu experimentieren und alles auszuprobieren.
Mit dem Begriff «Bleiwüste» bezeichnen wir abfällig ein Druckerzeugnis, das aus einem homogenen Textblock besteht.
Um dies zu vermeiden, muss man aber nicht zwingend Bildmaterial oder zusätzliche Elemente hinzufügen. Auch mit Mitteln wie Leerraum, Asymmetrie, Kontrast und eben der Auswahl einer weniger konventionellen Schriftart – dies kann auch nur in bestimmten Bereichen wie Titeln oder Zitaten geschehen – lässt sich eine «Bleiwüste» vermeiden.
In Fachkreisen wird leidenschaftlich über das Thema Lesbarkeit gestritten. Wir halten wenig von dieser Fixierung. In diesem Punkt stimmen wir ausnahmsweise mit Erik Spiekermann überein, der zu Recht feststellt dass „Die Unterschiede in der Lesbarkeit zwischen gut gestalteten, etablierten Schriften sind minimal.“
Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und vertreten die Ansicht, dass die Optimierung der Lesbarkeit nicht die zentrale Aufgabe bei der Schriftwahl oder -gestaltung ist, sondern lediglich eine von vielen gestalterischen Komponenten.
Der Begriff Lesbarkeit wird häufig vage verwendet – oft als bequemer Vorwand. Schon Hans Peter Willberg – eine in typografischen Fachkreisen anerkannte Autorität – forderte eine differenzierte Betrachtung und prägte die Unterscheidung in: Unterscheidbarkeit (Distinguierbarkeit), Leserlichkeit (Legibility) und Lesbarkeit (Readability). Tatsächlich beeinflussen viele weitere Faktoren die Lesbarkeit eines Textes – weit mehr als nur die gewählte Schrift.
In der Branche herrscht oft ein Schwarz-Weiss-Denken, mit starren Kategorien wie richtig oder falsch. Halboffizielle Gremien und selbsternannte Instanzen beanspruchen, über die „Qualität“ von Schriften zu urteilen. Dabei wird Lesbarkeit nicht selten als vorgeschobenes Argument missbraucht – ohne fundierte wissenschaftliche Basis. Und es sind keineswegs nur alte Traditionalisten, die versuchen, das Rad der Zeit zurückzudrehen – auch viele junge Typografen führen diese rückwärtsgewandte Haltung fort, mit Tunnelblick und Konformitätsdruck.
Wir erkennen solche Gremien nicht an – im Gegenteil: Wir setzen uns für grösstmögliche typografische Vielfalt ein. Die wahre Aufgabe von Schriftgestaltung (und -wahl) liegt für uns nicht in der blossen Optimierung der Lesbarkeit, sondern in der Profilierung einer Markenpersönlichkeit und der Inszenierung von Inhalten. Dies lässt sich unter anderem durch eine charakterstarke Schriftwahl besonders wirkungsvoll erreichen. Wenn ein Text nicht gelesen wird, liegt das selten an der Schrift – meist aber an einer unattraktiven oder belanglosen Präsentation.
Wir ermutigen Gestalterinnen und Gestalter zu mehr Mut, Eigenständigkeit und kritischem Denken. Es ist an der Zeit, sich von überholten Mustern und unreflektierten Regeln zu lösen.